Bienen

Der Herr der friedlichen Bienen

Die beste Frage, die man auf Reisen stellen kann, ist: „Was machen Sie da?“ Eine so einfache wie unterbewertete Frage, die sich eigentlich dauernd anbietet, man stellt sie nur viel zu selten. Und sie macht selbst dort neue Türen auf, wo man glaubt, sich auszukennen.Wir wandern in der Nähe von Altenahr, gelegen zwischen Köln und Koblenz, vorbei an Wiesen voller Blüten und Schmetterlinge, an spießigen Orten mit Bächen, Kuhweiden und mehr Fahrschulen als Bushaltestellen und einem Waldstück, in dem so etwas wie hölzerne, getürmte Schubladen stehen. Bienenstöcke. Ein Mann werkelt daran herum, graues Haar mit kleinen geflochtenen Zöpfchen, eher Künstlertyp als Bilderbuch-Imker. Und wir stellen ihm diese beste aller Fragen, ein bisschen höflich verpackt: „Dürfen wir fragen, was Sie da machen, wenn es nicht zu sehr nervt?“

Bienen1Er schaut auf, gut gelaunt. „Ihr könnt sogar zugucken.“ Wir steigen auf den kleinen Hügel und nähern uns den Stöcken. Ich zweifle kurz, mein Verhältnis zu Bienen ist eher angespannt. Der Imker greift erschreckend ungerührt Waben heraus, ohne Schutzanzug, ohne Handschuhe, nur Rauch zum Ruhigstellen. 80.000 Bienen pro Stock krabbeln und fliegen herum, ganze Kisten voller Leben, und verhalten sich bemerkenswert gechillt. Das ist nicht wie in den Filmen, denke ich laut. „Es kommt auf den Charakter der Königin an“, erwidert der Imker. „Wenn die Königin friedlich ist, sind die Bienen friedlich. Das hier sind meine friedlichsten Bienen.“

Insgesamt 25 Völker hat der Mann, mehr ein Hobby als ein Job. Davon leben, nein, könne er nicht, nur „vielleicht ein Mal im Jahr in Urlaub fahren“. 25 bis 30 Kilo Honig jährlich produziert er, was einem größeren Eimer entspricht, in guten Jahren auch 60 Kilo. Offensichtlich etwas, was in der Gegend populär ist. Das Image dieses Hobbys habe sich gewandelt. „Früher war Imker so ein Ding für Opas, ein bisschen verrufen. Aber jetzt haben immer mehr jüngere Leute Bienen. Viele Leute halten sich so ein, zwei Stöcke im Garten, man hat wieder mehr Interesse dran.“ Und aus einer Wanderung durch Blumenwiesen wird unversehens eine Führung.

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Der Mann, ganz ruhig, ganz entspannt, freut sich offensichtlich über die Aufmerksamkeit; er zieht Waben heraus, die über und über mit Bienen bedeckt sind, und zwar solchen, die ungerührt sitzen bleiben. Er zeigt uns die Larven, über die das Bienenvolk selbst entscheidet, ob sie Arbeiterin werden oder Königin, je nachdem, ob Bedarf herrscht. Eine Bienen-Planwirtschaft. Wir erfahren, dass Sommerbienen nur sechs Wochen leben, Winterbienen aber sechs Monate, und dass die Völker demokratisch entscheiden, wohin sie gehen. Nur den Honig probieren wir nicht, der Mann hat keinen dabei. Wozu auch? „Hier laufen jeden Tag Leute entlang“, sagt der Imker. „Aber angesprochen hat mich bisher niemand.“

Der Text ist in leicht anderer Fassung zuerst in der taz erschienen

Ort: Im Wald bei Altenahr

Wo du schlafen kannst: Der Campingplatz „Europacamping“ ist direkt in der Nähe, schön gelegen an einem kleinen Fluss. Direkt auf der anderen Seite der Straße führt ein wenig bewanderter Weg in den Wald. Die Bienenstöcke stehen nach ein paar Minuten auf der rechten Seite.

Wo du wandern kannst: Die Ahrschleife bei Altenahr bietet nette Waldwege mit ein paar Höhenmetern und ziemlich tolle Aussichten auf kleine Dörfer und die Burg Are. Weil es viele Wanderrouten gibt, bietet sich eine Karte an. Google Maps tut es spontan aber auch.

Veröffentlicht von

Alina Schwermer

Freie Journalistin, schreibt viel für die taz, für die Deutsche Welle, aber auch für die Jungle World und wer sie sonst so fragt. Am liebsten über Sport und Reisen. Wollte nie einen Reiseblog machen und hat nicht lange durchgehalten.

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